Prozessfähigkeit verstehen – Präzision im Brennpunkt
Aus der Lehre der Six Sigma Akademie Deutschland® – basierend auf einem Beispiel aus der Astrophysik.
Wenn Präzision den Unterschied macht
In der Welt der Prozessoptimierung geht es um mehr als nur Zahlen. Prozessfähigkeit – gemessen über Cp und Cpk – beschreibt die Fähigkeit eines Prozesses, innerhalb definierter Toleranzen verlässlich zu arbeiten. Ein Beispiel, das wir in unseren Green Belt und Black Belt Schulungen häufig verwenden, stammt aus der Astrophysik: die Justierung eines Teleskops. Denn nichts verdeutlicht den Unterschied zwischen Präzision und Streuung so elegant wie der Blick in die Sterne.
Die Teleskop-Metapher für Prozessfähigkeit
Stellen Sie sich vor, ein Teleskop soll auf einen Stern fokussiert werden. Das Linsensystem ist technisch perfekt konstruiert, doch ein minimaler Versatz in der Achse führt dazu, dass das Sternenlicht nicht exakt im Brennpunkt gebündelt wird. Das Bild erscheint unscharf – obwohl die Optik eigentlich fähig wäre. Genau das beschreibt die Differenz zwischen Cp und Cpk.
Cp steht für das theoretische Auflösungsvermögen des Teleskops, also die Breite des Systems im Verhältnis zur erlaubten Abweichung. Cpk hingegen zeigt, ob das Teleskop tatsächlich zentriert ist – ob also die 'Mitte' des Prozesses dort liegt, wo sie liegen soll.
Mathematische Grundlagen
Cp misst die potenzielle Prozessfähigkeit, Cpk die reale Lage und Streuung:
Cp = (OSG – USG) / (6 × σ)
Cpk = min [(OSG – x̄) / (3σ), (x̄ – USG) / (3σ)]
Ein hoher Cp-Wert zeigt: Der Prozess könnte innerhalb der Grenzen arbeiten. Ein hoher Cpk-Wert zeigt: Der Prozess tut es auch tatsächlich. Die Kombination aus beiden bestimmt, ob das 'Bild' – also das Ergebnis – wirklich scharf ist.
Voraussetzungen für die Bestimmung der Prozessfähigkeit
Damit die Berechnung von Cp und Cpk aussagekräftig ist, müssen drei Bedingungen erfüllt sein:
- Der Prozess ist statistisch stabil – keine Sonderursachen wirken.
- Das Messsystem ist fähig – keine zusätzliche Messstreuung.
- Die Daten sind normalverteilt oder transformiert (z. B. Box-Cox-Transformation).
Anwendung in Six Sigma Projekten
In der Measure-Phase des DMAIC-Zyklus dient die Prozessfähigkeit als objektiver Maßstab. Wie präzise und stabil arbeitet der Prozess im aktuellen Zustand? In der Control-Phase hingegen ist sie der Nachweis dafür, dass Verbesserungen wirken und dauerhaft Bestand haben. Cp und Cpk sind daher keine abstrakten Kennzahlen, sondern konkrete Instrumente der Prozesslenkung.
Häufige Fehlinterpretationen
- Ein hoher Cp-Wert allein bedeutet nicht, dass der Prozess gut ist. Cpk zeigt die wirkliche Leistungsfähigkeit.
- Ohne Prozessstabilität sind Fähigkeitsindizes statistisch bedeutungslos.
- Cpk-Werte müssen im Kontext der Kundentoleranzen interpretiert werden, nicht isoliert.
Wissenschaftliche Perspektive
In der Astrophysik wie in der Industrie gilt: Präzision entsteht nicht durch Perfektion einzelner Komponenten, sondern durch ihr Zusammenspiel. Selbst die besten Linsen liefern nur dann ein scharfes Bild, wenn sie exakt ausgerichtet sind – ebenso wie ein Prozess nur dann 'fähig' ist, wenn Variation kontrolliert und die Lage stabil ist.
Zielwerte und Interpretation
| Cp / Cpk | Bewertung | Bemerkung |
|---|---|---|
| ≥ 1,33 | fähig | Prozess erfüllt Kundentoleranzen stabil |
| ≥ 1,67 | sehr fähig | hohe Prozesssicherheit |
| ≥ 2,00 | weltklasse | Prozess nahezu fehlerfrei (Six Sigma Niveau) |
Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit, Variation zu erkennen, zu verstehen und zu steuern. Sie ist kein mathematisches Ritual, sondern Ausdruck von Präzision, Stabilität und Vertrauen. Wie bei einem Teleskop bestimmt sie, ob wir scharf sehen oder nur verschwommen erahnen, was möglich wäre.
Oder in den Worten eines Trainers der Six Sigma Akademie Deutschland®: „Prozessfähigkeit ist die Kunst, Variation auf den Brennpunkt zu bringen.“

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